Im Stern und Spiegel erschienen in den letzten Tagen Berichte über unerwünschte Wirkungen von Antibaby-Pillen der 3. und 4. Generation. Offensichtlich handelte es sich um Thrombosen und Embolien, die durch die Einnahme eines oralen Kontrazeptivums verursacht worden sind.
Die klassischen Antibaby-Pillen enthalten Östrogene und Gestagene, um einen Eisprung und damit eine Schwangerschaft zu verhindern. Als Östrogen wird der synthetisch hergestellte Arzneistoff Ethinylestradiol verwendet. Er ist mit dem natürlichen Östradiol verwandt, besitzt jedoch eine stärkere östrogene Wirkung.
Die typische Antibaby-Pille enthält heute 20 bis 35 Mikrogramm Ethinylestradiol pro Dosis. Zu Beginn der Anwendung von Antibaby-Pillen waren Dosen von 50 bis 100 Mikrogramm Ethinylestradiol pro Tablette üblich. Im Laufe der Jahre wurde die Dosis wegen teilweise fataler Nebenwirkungen immer weiter verringert. Trotzdem ist das Risiko an einer Thrombose zu erkranken immer noch drei bis sechs mal höher als ohne diese Medikamente.
Unerwünschte Wirkungen und Gefährdungen
Als schwerwiegendste unerwünschte Wirkung ist das Auftreten von Thrombosen und Embolien zu werten. Hier sind die Gegenanzeigen, die in den Packungsprospekten aufgelistet sind, genau zu beachten.
Gefährdet sind Frauen, die aus Familien stammen, in denen möglicherweise über Generationen Thrombosen und Embolien, Herzinfarkte, Schlaganfälle, Durchblutungsstörungen und andere Gefäßerkrankungen aufgetreten sind. Deswegen muss sich jede Frau, die eine Antibaby-Pille verschrieben bekommen möchte, in der Familie genau erkundigen, ob bei Geschwistern, den Eltern, Geschwistern der Eltern oder bei den Großeltern derartige Erkrankungen aufgetreten sind und vielleicht auch bei einem oder anderem Mitglied der Familie zum Tode geführt hat.
Wie erhöht Ethinylestradiol das Risiko, an Thrombosen zu erkranken?
Das Kunsthormon wird in der Leber verstoffwechselt und bewirkt eine Vielzahl von Aktivierungsprozessen in der Produktion von Eiweißen in der Leber. So werden auch gerinnungsfördernde Faktoren vermehrt gebildet und in das Blut ausgeschüttet. Hierdurch wird die Gerinnbarkeit des Blutes erhöht. Bei Frauen, die eine angeborene oder erworbene Veranlagung für Thrombosen und Embolien haben, steigert sich das Thromboserisiko in erheblichem Maße. Erschwerend kommen zusätzliche Risikofaktoren wie Übergewicht, Rauchen und Bewegungsarmut hinzu.
Deshalb muss vor jeder Therapie mit einer ethinylestradiolhaltigen Pille sowohl die eigene Vorgeschichte und die Familienvorgeschichte erhoben werden, als auch bei positiver familiärer Belastung eine umfassende Untersuchung des Gerinnungssystems in einem hierfür spezialisierten Laboratorium erfolgen. Aber auch Patientinnen,die bereits die Pille nehmen und eine positive Familienvorgeschichte haben, sollten sich prophylaktisch in einem Gerinnungslaboratorium untersuchen lassen, um das Risiko möglicher Thrombosen abschätzen zu können. Liegen erblich bedingte oder erworbene Risiken für Thrombosen vor, ist die Gabe von Antibaby-Pillen dieser Art in jedem Fall zu unterlassen.
Was ist nun an der 3. und 4. Generation als weiteres Risiko hinzugekommen, um an Thrombosen zu erkranken?
Die Pillen der 2. Generation enthalten ein gut verträgliches Gestagen, das bei Pillen der 3. und 4. Generation durch ein neu von Bayer entwickeltes Gestagen ersetzt wurde. Dieser synthetisch hergestellte Arzneistoff heißt Drospirenon. Er ist dem natürlichen Progesteron in seiner Wirkung sehr ähnlich und besitzt wie dieses Hormon eine anti-androgene und anti-mineralocorticoide Wirkung. Die anti-androgene Wirkung des Drospirenons wird zur Therapie der Akne eingesetzt. Die anti-mineralocorticoide Wirkung wird zur Ausschwemmung von Wasser aus dem Körper genutzt.
Beworben wird diese Eigenschaft mit dem Begriff der „Gewichtsabnahme“. Hierdurch wird das ausgewogene Verhältnis von Blutzellen zum Blutplasma zu Gunsten des Zellanteils verschoben. Die Folge ist ein Viskositätsanstieg des Blutes, also eine Verdickung des Blutes. Zusammen mit der Wirkung des Ethinylestradiols kommt es dann möglicherweise zu einer Potenzierung des Thromboserisikos.
Erklärungen:
Anti-Androgen: Arzneimittel, die die männlichen Sexualhormone hemmen.
Anti-Mineralocorticoid: Arzneimittel, das die Wasser- und Natriumausscheidung fördert.
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